Aufs Homeoffice folgt der Knatsch im Büro
ZÜRICH. Sowohl bei Handwerkern als auch bei Büroangestellten herrscht dicke Luft am Arbeitsplatz. Experten nennen Gründe.
Nach Monaten im Homeoffice sorgt die Rückkehr an den Arbeitsplatz in vielen Betrieben für Spannungen unter den Mitarbeitenden. Man ist sich fremd geworden, streitet übers Impfen, und alte Rivalitäten flackern wieder auf. «Das Ellbögeln ist zurück», sagt Management-Coach Sonja A. Buholzer. Zudem könne man sich wieder austauschen: «Die Gerüchteküche brodelt.»
M.B.* ist nach Monaten im Homeoffice zurück in einem Handwerkerbetrieb im Kanton Zürich. Doch die Stimmung sei aufgeladen. Insbesondere zwischen geimpften und ungeimpften Mitarbeitenden herrsche eine angespannte Stimmung. Weil die 39Jährige nicht geimpft ist, müsse sie im Gegensatz zu ihren Kollegen eine Maske tragen. «Ich spüre die Blicke der Kollegen, wenn ich mit Maske durch die Gänge laufe», sagt sie. Bei K. L.* dagegen ist es umgekehrt: «Meine ungeimpften Kollegen schauen mich schief an.» Auch andere haben sich bei 20 Minuten gemeldet.
Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, stellt fest: «Die Lage am Arbeitsplatz ist teilweise angespannt.» Konfliktpunkte seien oft die Maskenpflicht und die Impfung. Die Geimpften wollten zum Grossteil keine Maske mehr tragen und die Ungeimpften forderten weiterhin die Maskenpflicht und die Einhaltung des Abstands.
Zu Spannungen kommt es laut ManagementCoach Sonja A. Buholzer auch deshalb, weil es im Büro viel eher zu Machtkämpfen und Koalitionen komme als im Homeoffice. «Das Ellbögeln kommt wieder zurück.» Reorganisationen oder Stellenabbau als Folge der Krise könnten Rivalitäten noch zusätzlich befeuern. Und: «Die Angestellten haben wieder die Möglichkeit, sich während der Rauchpause auszutauschen. Die Gerüchteküche brodelt.»
Ein weiterer Grund für das schlechtere Arbeitsklima sei, dass sich einige nach Monaten im Homeoffice nun vermehrt vor Small Talk und sozialen Kontakten fürchteten, sagt der Psychiater Thomas Ihde, Präsident von Pro Mente Sana, die sich für psychische Gesundheit einsetzt.
Für Vogt ist nun wichtig, dass die Betriebsverantwortlichen den Dialog mit den Mitarbeitenden suchen, um Lösungen zu finden.
*Name der Redaktion bekannt