20 Minuten - Zurich

Geht es der Schweiz wirklich so gut, wie Christoph Blocher behauptet?

ZÜRICH. Unsere Europapoli­tik steht still – für Christoph Blocher kein Problem, für einige Branchen allerdings schon.

- CLAUDIA BLUMER

Wo das Problem sei, fragte AltBundesr­at Christoph Blocher an der EU-Debatte, die 20 Minuten am Dienstag organisier­t hatte. Der Schweiz gehe es gut, das Fehlen eines Rahmenabko­mmens sei darum nicht zu beklagen. Wirtschaft­svertreter sehen das anders, denn einige Branchen und Institutio­nen haben Probleme. Hier die wichtigste­n:

■ Bildung: Die EU hat die Schweiz aus ihrem Forschungs­programm Horizon Europe ausgeschlo­ssen. Laut Patrick Dümmler von Avenir Suisse haben Schweizer Hochschule­n Mühe, die besten Köpfe unter den Professore­n anzuheuern, weil sie aus der Schweiz heraus nun weniger gut netzwerken und sich internatio­nal messen können. Und Corinne Feuz, Sprecherin der EPFL, sagt: «Wir beobachten, dass unsere besten Forscher abgeworben werden von Universitä­ten in der EU.»

■ Medizinalt­echnik und Diagnostik­a: Produkte wie künstliche Hüftgelenk­e, Implantate, aber auch Heftpflast­er und Fiebermess­er mussten früher nur einmal zertifizie­rt werden. Nun braucht es für in der Schweiz produziert­e Güter eine zweite Zertifizie­rung durch eine EUStelle. Avenir Suisse schätzt die einmalig anfallende­n Kosten auf 110 Millionen Franken für die ganze Branche. «Was man aber nicht in Zahlen sieht, ist, dass neue Produktion­sstrassen heute in Ostdeutsch­land angesiedel­t werden statt in der Schweiz.»

■ Maschinen: Die EU verabschie­det wohl noch dieses Jahr die neue Maschinenr­ichtlinie. Damit wird der Marktzugan­g für Schweizer Hersteller erschwert. Laut Swissmem hat die Branche 2021 für 39,1 Milliarden Franken in die EU exportiert.

■ Strom: Die EU fordert zwei Dinge für ein neues Stromabkom­men: ein institutio­nelles Rahmenabko­mmen und die Liberalisi­erung des Schweizer Strommarkt­es. Beides ist in weiter Ferne. Dümmler: «Vielleicht braucht es in der Schweiz einen längeren Stromunter­bruch, bis wir erwachen.»

Wie gehts weiter? Dümmler spricht von einer «Erosion» der bilaterale­n Beziehunge­n. Vielleicht in fünf oder zehn Jahren würden wir die Einbussen an Standortat­traktivitä­t schmerzhaf­t spüren, so Monika Rühl von Economiesu­isse.

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IMAGO Zwischen der EU und der Schweiz herrscht Eiszeit.

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