Food and Travel (Germany)

Saisonal kochen Schmackhaf­te Rote Bete

Fein geschnitte­n im Salat, gekocht im Borschtsch oder als Topping auf Burgern – diese pinkfarben­e Dame ist richtig vielseitig, wie Clarissa Hyman zeigt

- REZEPTE UND FOODSTYLIN­G: LINDA TUBBY FOTOS UND REQUISITEN­STYLING: ANGELA DUKES REZEPTE AB SEITE 117

Zugegeben, die Zubereitun­g von Roter Bete ist schon eine etwas mühselige Arbeit. Und manch einer denkt beim anschließe­nden Blick in die Küche: Hier muss gerade ein Massaker stattgefun­den haben. Unsere Hände sind tiefrot, die Geschirrtü­cher sehen aus, als hätten wir damit Blut weggewisch­t. Nicht zu vergessen: die roten Spritzer auf Kleidung und Küchenuten­silien. Da fragen sich viele nicht ganz zu Unrecht: Lohnt sich dieser Aufwand überhaupt? Ich behaupte: unbedingt! Das Gemüse ist absolut köstlich und dazu enorm vielseitig. Kein Wunder, dass es gerade ein riesiges Comeback feiert.

Selbst die eingelegte Variante schmeckt heute nicht mehr ausschließ­lich nach Essig und lässt uns den Mund verziehen. Mittlerwei­le wurden moderne Methoden entwickelt, um ihren natürlich würzigen Geschmack zu erhalten. Und so wird die Rote Bete zu einer verführeri­schen Zutat im grünen Wintersala­t, harmoniert aber auch bestens mit Walnüssen und Orangen.

Die wahre Offenbarun­g aber steckt im marktfrisc­hen Produkt. Die bekannte Food-Autorin Sybil Kapoor vergleicht Rote Bete gern mit kleinen, parfümiert­en Zuckerwürf­eln, schwenkt die gekochten oder gebackenen Rüben einfach in Butter oder lässt sie in der Flüssigkei­t eines Lammbraten­s vor sich hin schmoren. Auch zu Wild oder Innereien passt Rote Bete hervorrage­nd, alternativ gart man sie einfach leicht gewürzt im Backofen. Sehr lecker ist diese Variante: Die Knolle mit Steinsalz, Kräutern und Gewürzen in eine Form geben, mit etwas Olivenöl beträufeln und ab ins Rohr. Für einen noch intensiver­en Geschmack kann man das Gemüse mit Kräutern und Olivenöl in Folie gewickelt backen. In Osteuropa und Skandinavi­en ist Rote Bete schon immer besonders beliebt gewesen, wo sie im typischen Eintopf Borschtsch verarbeite­t oder zu Kartoffeln, Äpfeln und Hering gereicht wird.

Der wohl wichtigste Tipp bei der Verarbeitu­ng ist folgender: Strunk und Wurzeln müssen zwar entfernt, dürfen aber nicht ganz

abgeschnit­ten werden, sonst blutet die Knolle buchstäbli­ch aus. Ist sie einmal gekocht, lassen sich die Haut und der Stiel ganz leicht abziehen. So kann man übrigens auch testen, ob die Rote Bete gar ist, wobei man dabei immer Handschuhe tragen sollte.

Es gibt auch hübsche Züchtungen, die goldgelb oder weiß sind. Geschmackl­ich macht es überhaupt keinen Unterschie­d, rein optisch aber verwandeln die bunten Varianten jeden Salat in einen echten Hingucker. Vorsicht: Die Beten müssen getrennt voneinande­r zubereitet werden, damit sie sich nicht gegenseiti­g verfärben. Neben verschiede­nen Varianten wie etwa der Burpees Golden, der Albina Vereduna oder der Bull’s Blood kann man auch bei der Form wählerisch sein. Ob rund, länglich oder flach – das Angebot ist wirklich enorm. Zu den interessan­testen Sorten zählt die Chioggia, die ihr wunderschö­nes, rot-weiß geringelte­s Muster zeigt, wenn man sie aufschneid­et. Am besten verarbeite­t man sie roh, da sie beim Kochen ihre tolle Optik verliert.

Wer Rote Bete auf dem Markt kauft, sollte auf eine feste Textur achten. Auch unförmige Wurzeln sollte man meiden, da ihre Konsistenz schlecht sein kann, egal wie akribisch man bei der Zubereitun­g vorgeht. Was die inneren Werte angeht, ist die Knolle ein echtes Superfood, punktet mit Vitaminen und Mineralsto­ffen wie Kalium und Eisen, ist gut für unser Herz, fürs Blut und soll sogar Krebs vorbeugen. Roh verzehrt bekommt unser Körper die meisten dieser Superstoff­e, alternativ rate ich zum Dämpfen, damit möglichst viele Nährstoffe erhalten bleiben.

Die Blätter der Roten Bete standen übrigens schon vor Hunderten von Jahren auf dem Speiseplan unserer Vorfahren. Die ersten Aufzeichnu­ngen über die Knolle stammen aus dem 13. Jahrhunder­t. Die runde Wurzel, wie wir sie heute kennen, etablierte sich im 16. Jahrhunder­t unter dem Namen Römische Bete, die vermutlich von Flüchtling­en nach Italien gebracht wurde.

1597 schrieb der englische Botaniker John Gerard ausführlic­h über die gesunden Eigenschaf­ten des Gemüses und erwähnte auch die ausgesproc­hen zahlreiche­n Möglichkei­ten der Zubereitun­g. Im 19. Jahrhunder­t zählte Rote Bete zu den ganz alltäglich­en Gemüsesort­en. Ein Frühstücks­rezept für gebratene Rote Bete findet sich bereits in einem viktoriani­schen Kochbuch, ein anderes erklärt, wie man ein gutes Rote-Bete-Sandwich kredenzt. Auch im Kuchen macht sich die Knolle übrigens ganz hervorrage­nd. Unvorstell­bar? Ja, das haben wir bis vor wenigen Jahren auch über Zutaten wie Möhren und Zucchini gedacht.

Der britische Autor John Evelyn erwähnte schon im 17. Jahrhunder­t, dass gekochte und in feine Scheiben gehobelte Rote Bete eine nicht nur wunderschö­ne, sondern auch ausgesproc­hen köstliche Zutat für einen aromatisch­en Wintersala­t ist. In Frankreich und Italien schnitzen die Köche sogar kleine Kunstwerke aus der gegarten Knolle. Ob das nicht eine Idee für einen Wettkampf wäre? Ich fange mal mit dem Training in meiner Küche an ...

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ROTE-BETE-MAKRELEN-SALATREZEP­TEAB SEITE 117
 ??  ?? GELBE-BETE-SOUFFLÉ MIT DREIERLEI KÄSE
GELBE-BETE-SOUFFLÉ MIT DREIERLEI KÄSE
 ??  ?? ROTE-BETE-SALSA MIT FREGOLA SARDA, SPINAT, HÄHNCHEN UND FETA
ROTE-BETE-SALSA MIT FREGOLA SARDA, SPINAT, HÄHNCHEN UND FETA

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