Besondere Gerichte mit Krebs
Die Zubereitung ist relativ einfach, der Verzehr dagegen eine echte Herausforderung. Der Aufwand lohnt sich sehr, so Clarissa Hyman
Und wie genießen Sie diese köstlichen Meeresfrüchte am liebsten? Interessanterweise scheinen sich bereits bei der Art des Verzehrens von Taschenkrebsen die Geschmäcker der Gourmets zu unterscheiden: Die einen essen sofort jedes Stückchen Fleisch, das sie gerade aus dem Panzer gepult haben. Andere bevorzugen eher folgende Methode: Zunächst wird sämtliches Krebsfleisch herausgelöst und gesammelt. Erst dann kommt der Genuss schlechthin. Aber egal, zu welcher Gruppe Sie gehören – wir sind uns einig: Auch wenn das Knacken und Pulen anstrengend ist, es lohnt sich. Überzeugen die Kneifer doch durch ihre verschiedenen Texturen und Aromen. Das Fleisch kann sich sowohl in der Farbe – von bräunlich, weiß oder rötlich – als auch in der Konsistenz unterscheiden. „Mal ist es blättrig, dann klebrig, flüssig, sämig oder zäh“, beschrieb es einmal der britische Autor Nick Fisher. Natürlich gibt es auch die Menschen, für die Krebse nur ein Mainstream-Produkt sind. Mein Tipp für Sie: Probieren Sie unbedingt ein Sandwich mit diesem tollen Fleisch. Ja, es ist einfach. Aber eben auch einfach unfassbar gut.
In England werden die meisten Taschenkrebse übrigens nachhaltig mit Fallen gefangen, in die sie mit Ködern gelockt werden. Sind die Tiere noch zu jung – also noch keine 14 Zentimeter groß – oder tragen die Weibchen Eier, kommen sie wieder zurück ins Wasser. Besonders beliebt sind Taschenkrebse, die an der britischen Südküste oder vor den Kanalinseln gefangen werden. Hier findet man sie eher auf felsigem als auf sandigem Grund. Eigentlich ist es eine Ironie, dass die meisten Taschenkrebse aus England schließlich in Spanien, Italien und Frankreich verkauft werden. Sie werden lebend in Wasserbecken angeboten, aber auf Bestellung auch gekocht verkauft.
Einige Gourmets sagen, dass das Fleisch der Weibchen eine süßlichere Note habe. Die Männchen punkten dagegen mit mehr Fleisch, vor allem in ihren Scheren. Außerdem lassen sich die „Herren“auch einfacher ausziehen. Tolle Begleiter für die Krabbeltiere sind eine klassische Mayonnaise, Chili, Zitrone, Petersilie oder Dill. Auch Kartoffeln, Butter, Worcestershiresauce und Sardellen passen gut. Allerdings gilt auch für Taschenkrebse: Manchmal schmecken sie einfach am besten pur, wenn ihr feiner Geschmack von keiner anderen Zutat überdeckt wird. Ich gestehe: Ein klassisches Sandwich oder ein Salat
mit Krebsfleisch ist für mich einfach genial. Aber auch in Frikadellen, Pasteten und Gratins machen sie sich fantastisch. Ein Küchenklassiker aus Schottland heißt Partan – dafür wird das Fleisch mit Semmelbröseln, Zitronensaft, Senf und Butter vermischt und in einer leeren Schale unter dem Grill gebräunt. Die schottische Kochbuchautorin Marian McNeill schrieb einst: „Früher wurde erst eine Schaufel im Feuer erhitzt und dann über das Partan gehalten, um es so zu grillen.“
Natürlich gibt es auch unter den Krabben verschiedene Vertreter: etwa die Rote Felsenkrabbe, die an der Pazifikküste Nordamerikas vorkommt. Die Jonahkrabbe ist an der südkanadischen Atlantikküste bis Florida verbreitet. Beliebt ist auch die Große Steinkrabbe, die nur von Mitte Oktober bis Mitte Mai gefangen werden darf. Als Delikatesse gilt die Blaukrabbe, auch Blaue Schwimmkrabbe genannt. Wie die meisten ihrer Art wirft sie den Panzer ab, wenn sie wächst. Ohne ihre harte Hülle sind die Krustentiere in dieser Zeit ihren Feinden recht hilflos ausgeliefert. Und eben auch den Köchen. In den USA fängt man diese Sorte und hält sie sogenannten „Floats“, bis sie sich häuten. Genau zu diesem Zeitpunkt gehen sie dann direkt in den Verkauf. Diese Delikatesse stammt ursprünglich aus der Chesapeake Bay im Osten der USA – die Gegend ist berühmt für ihre Maryland Crab Cakes und Devilled Crab, ein pikanter und köstlicher Snack. Mittlerweile werden die panzerlosen Tiere auch tiefgefroren weltweit angeboten.
In Venedig gelten Krebse ohne Schale übrigens als Spezialität. Hier nennt man sie Moleche. Sie werden im Ganzen frittiert und so serviert. Von der Westküste Amerikas hingegen stammt der besonders beliebte Kalifornische Taschenkrebs. Feinschmecker schätzen sein zartes und süßliches Fleisch. Nicht wundern: Er verändert übrigens seine Farbe während der Zubereitung in ein kräftiges Rot.
Die Teufels- oder Samtkrabbe lebt im Nordostatlantik, in der Nordsee und im Mittelmeer. Sie hat einen bläulichen Panzer, der mit einer Art weichem Flaum überzogen ist. Und dann sind da noch die Seespinnen – ihre Farbvielfalt reicht von einem kräftigen Orange bis zu einem satten Braun. Sie haben sehr – spinnentypische – dünne Beine, kräftige Scheren und einen recht stacheligen Körper. Das sind keine guten Voraussetzungen für die Zubereitung. Aber es lohnt sich. Das Fleisch zeichnet sich durch eine einzigartige süße Note und eine enorm cremige Konsistenz aus. Txangurro heißt ein Gericht, das im Baskenland besonders beliebt ist. Dafür wird das gekochte Fleisch mit dem dort typischen Pimentón, Cognac, Wein und Tomaten im Ofen überbacken. Einfach köstlich!
Diese Gattung ist übrigens noch für einen besonderen Trick bekannt, um sich während der Paarungszeit clever zu schützen: Sie stapeln sich bei Bedrohung zu Tausenden auf und beeindrucken so ihre Feinde unter Wasser. Ja, so ganz einfach machen die Tiere es keinem. Aber jede Mühe lohnt sich, wie gesagt.