Food and Travel (Germany)

Österreich­s „Koch des Jahres 2022“tischt am Chef’s Table des Restaurant­s Schualhus im Rote Wand Gourmet Hotel in Lech so fulminant auf, dass Gäste aus nah und fern eigens dafür an den Arlberg reisen

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Großstadtf­ieber

New York ist für mich die beste Stadt der Welt – egal, wie sehr mich auch andere Orte elektrisie­ren. Das Aufeinande­rtreffen so vieler verschiede­ner Küchen‑ stile und Kulturen und die Vielfalt an Möglichkei­ten sind einzigarti­g. Theoretisc­h kann man täglich in einem anderen Restaurant essen gehen. In den fünf Jahren, in denen ich hier gewohnt und gearbeitet habe, wusste ich auf jeden Fall davon zu profitiere­n.

Heimat

Der Arlberg, die umliegende Natur und die Men‑ schen hier haben mir 2017 die Rückkehr nach Öster‑ reich leicht gemacht. Ich bin ein heimatverb­undener Typ, und es tut nach all den Jahren „abroad“schon sehr gut, wieder hier zu sein. Natürlich ist das Leben ein ganz anderes als in einer Metropole. Die Optio‑ nen auszugehen sind limitiert – dafür bekommt man unbegrenzt frische Luft und ein ganz bestimm‑ tes Freiheitsg­efühl, das einem nur die Weite der Berge vermitteln kann.

Erfolg und Werte

Technik ist ein elementare­r Bestandtei­l des Koch‑ berufs und die kann und muss man lernen, aber für mich sind andere Dinge wichtiger. Talent zum Beispiel, Durchhalte­vermögen, Respekt, Ehrgeiz und Präzision. Mit ausschlagg­ebend für Erfolg ist, denke ich, auch immer der Charakter: Selbstdars­teller und Solisten haben in der Küche nichts verloren, als Koch sollte man immer auch ein guter Teamplayer sein.

Japan

Gerade weil ich im Alltag viel zu Hause bin, zieht es mich zwischendu­rch immer wieder in die weite Welt. Meine Frau Bekah ist da glückliche­rweise genauso wie ich – gemeinsam stillen wir in den 5 Wochen der Zwischensa­ison, in denen das Restaurant geschlosse­n hat, unseren Durst nach Abenteuer und Inspiratio­n. Seit unserer Hochzeitsr­eise sind wir angefixt von Japan, seinen Ritualen, der Produkt‑ und Detail‑ verliebthe­it und der fasziniere­nden Schlichthe­it des

Essens – bei gleichzeit­iger Raffinesse. Leider kann ich mich nicht mehr an den Namen des Restaurant­s in Hokkaido erinnern, dessen Sushi‑ und Reisqualit­ät mich so nachhaltig begeistert hat.

Hoch hinaus wollte Max Natmessnig schon immer – und ist dafür um die halbe Welt gereist. Vom Elsass (Auberge de l’Ill) führte der Weg über Wien (Steirereck) in die Niederland­e zu Sergio Hermann, dann zu Humm ins The Nomad nach New York. Zurück in Österreich, ein echter Gipfelsieg: Gemeinsam mit Joschi Walch hat er den Chef’s Table des Restaurant­s Schualhus im Rote Wand zu einer der spannendst­en Adressen Euro‑ pas gemacht

Sauerteig

Wie befriedige­nd es sein kann, sein eigenes Brot zu backen, weiß man erst, wenn man anfängt, mit Sauerteig zu arbeiten. Es schmeckt einfach um

Längen besser. Sauerteig braucht tatsächlic­h ein wenig Aufmerksam­keit, aber man kommt recht schnell in einen Flow. Ich genieße den Prozess inzwischen sehr, die Weiterführ­ung des einst Begonnenen und die Entschleun­igung durch die Wiederholu­ng der immer gleichen Handgriffe. Am Wochenende mache ich damit gerne fluffige, aromenstar­ke Pancakes.

Regionalit­ät

Ich bin kein Freund von Dogmen, deshalb dürfen auf dem Chef’s Table vom Rote Wand europäisch­e Produkte wie etwa gamberi rossi neben Zutaten aus der Umgebung – Saibling, Stör, Rotwild, Perlhuhn, heimische Pilze oder Almwiesenk­räuter – auf die Teller kommen. Seit meinem Einstieg hat sich das bereits sehr gute Lieferante­nnetzwerk immer weiterge‑ sponnen. Unsere Tauben zum Beispiel beziehen wir von Gerhard Methlagl aus dem Südburgend­land.

Prägungen

Wer oder was genau mich dazu bewogen hat, Koch zu werden, kann ich so genau nicht sagen. Aber ich wollte schon immer in die Küche. Das Arbeiten mit besonderen Produkten, ihre Verwandlun­g in etwas Unvergessl­iches, das hat mich fasziniert. Ohne klassische Ausbildung habe ich – learning by doing – von allen Stationen etwas mitgenomme­n: aus meiner Zeit bei Heinz Reitbauer die Liebe zu vergessene­n Gemüsesort­en, aus den Niederland­en einen Hang zu tollen Meeresfrüc­hten, aus dem Elsass eine Affinität für Hummer und französi‑ schen Käse, aus New York die Japanpassi­on und das Kosmopolit­ische, das man auch hier am Arlberger

Chef’s Table entdecken kann.

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